Kybernetik - was ist das?Kybernetik

Eine verständliche Einführung

Feedback

Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass dem Rückkopplungsprinzip und damit auch dem Regelkreis in der Kybernetik eine sehr wichtige und bedeutsame Rolle zufällt. Aber es ist keinerlei Veranlassung gegeben, dies überzubewerten. Dieses "Feedback" ist nur eine unter vielen Möglichkeiten zur Organisation eines Systemes.
Es kommt dazu, dass das Prinzip der Rückkopplung nicht ausschließlich ein einziges Prinzip ist. Die Techniker unterscheiden voneinander sehr verschiedene Gruppen von Regelkreisen. Die Klassifizierung rückgekoppelter Systeme nimmt man am besten durch die mathematischen Formeln vor, die sie beschreiben. Dies sind Differentialgleichungen, die im einfachsten Falle linear sind. Der lineare Regelkreis spielt in der Technik eine wichtige Rolle, weil er relativ leicht zu berechnen ist. Die Differentialgleichung ist dabei eine Gleichung für die Regelstrecke, ihre Lösung ist also eine Funktion, nämlich das zeitliche Verhalten der geregelten Größe. Im allgemeinen Falle liefert eine Differentialgleichung eine Klasse von Funktionen, die durch die Größen der Differentialgleichung (Koeffizienten) bestimmt wird. Entsprechende Koeffizienten liefern entsprechende Lösungen, und man kann untersuchen, für welche Parameter eines Systemes die Differentialgleichung eine instabile Lösung liefert, wie sensibel ein Regelkreis ist und dergleichen.
Kompliziertere, aber oft realistischere Regelkreise liegen vor, wenn die Verhältnisse nicht mehr linear sind. Je nachdem, welchen Typ Differentialgleichung man erhält, kann man noch zu einer geschlossenen Lösung kommen oder nicht. Wo nur noch Näherungslösungen möglich sind, bedeutet dies, dass man keinen geschlossenem Zusammenhang zwischen den Parametern mehr errechnen kann und damit auch auf eine formale Diskussion der Eigenschaften eines Regelkreises verzichten muss.
Wo sich schließlich viele Regelkreise gegenseitig beeinflussen, spricht man auch von vermaschten Systemen. Hier werden die Größen durch Systeme von Differentialgleichungen oder durch partielle Differentialgleichungen beschrieben. Der mathematische Aufwand zur Lösung solcher Probleme ist erheblich.
Die Theorie der Regelkreise gehört ebenso wie die Informationstheorie zu den Grundwissenschaften der Kybernetik.
Es ist für den Techniker ungeheuer reizvoll, Regelkreise im Bereich der Biologie und Anthropologie zu studieren, vor allem aber in technischen Modellen zu realisieren. Dies ist im wesentlichen der Inhalt der technischen Kybernetik. Zu ihren Produkten gehören lernfähige Maschinen und Systeme (Labyrinthmodell, Homöostat von Ashby, Lernmatrix von K. Steinbuch, technische Modelle für den bedingten Reflex u. dgl.) ebenso wie Neuronenmodelle oder Versuche zum Nachbau der Teilfunktionen einer Cortex (Ashby). Eine sehr gute Übersicht über die technische Kybernetik findet sich im ersten Teil von K. Steinbuch, "Automat und Mensch", 3. Auflage, Berlin, Heidelbergs New York 1965, und in dem Kompendium "Kybernetik - Brücke zwischen den Wissenschaften", 5. Auflage, Frankfurt 1965.
Für wissenschaftliche Zwecke ist die Einsicht, dass irgendein Sachverhalt mit einem rückgekoppelten Regelkreis beschrieben werden kann, an sich noch nicht relevant. Dazu ist diese Aussage viel zu allgemein. Auch ein Hund, der den Mond anbellt, befindet sich in einem rückgekoppelten Kommunikationsprozeß - und wenn er sich nur an seinen eigenen Lauten begeistert. Der Regelkreis wird als beschreibende Struktur für ein System erst relevant, wenn etwa die Differentialgleichung für die Regelstrecke bekannt ist oder aber wenn ein Modell vorliegt das zu der untersuchten Struktur isomorph ist. Der letzte Fall ist besonders typisch für ein kybernetisches Vorgehen, das ja immer darauf abzielt, einen Sachverhalt nicht nur zu studieren und zu analysieren, sondern ihn, wenn möglich, auch in einem Modell zu simulieren.

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