Kybernetik - was ist das?Kybernetik

Eine verständliche Einführung

Von bedingten Reflexen und logischen Schaltungen

Nun müssen wir uns aber noch mit einem anderen Aspekt intelligenten Verhaltens beschäftigen: mit der Lernfähigkeit. Wir wollen uns dazu eines geradezu klassischen Falles bedienen, an dem zum erstenmal die Wirkungsweise der "bedingten Reflexe", also des angelernten Verhaltens, demonstriert wurde. Wir meinen den berühmten Pawlowschen Hund.
Iwan Petrowitsch Pawlow, ein russischer Physiologe, machte das Experiment zum erstenmal - schon im vergangenen Jahrhundert. Genau 1898. Er beobachtete, dass der Anblick und der Duft von Nahrung bei einem Hund die Produktion von Magensaft und Speichel auslöst; mancher Hund sabbert, wenn er nur das Fleischpapier rascheln hört.
Pawlow ließ nun jedesmal, bevor er seinem Hund Nahrung zeigte oder gab, eine Glocke läuten. Den Hund interessierte das nicht weiter. Aber nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass die Produktion von Magensaft und Speichel sich schon einstellte, wenn nur die Glocke erklang, von Fleisch und Knochen aber noch längst keine Rede war.
Das, sehen Sie, ist ein bedingter Reflex; ein einfacher Lernvorgang.
Inzwischen wird Pawlows Hund seinen Knochen doch noch bekommen haben. Lassen wir ihn ein paar Minuten damit in Ruhe und wenden wir uns den sogenannten "logischen Schaltungen" zu!
Was ist das nun schon wieder? Gar nichts Aufregendes. Es sind die Schaltungseinheiten, aus denen sich Elektronenrechner zusammensetzen.
Man darf nämlich nicht glauben, dass diese Computer, von denen die Zeitungen Tag für Tag Aufregenderes berichten, eigentlich Rechenmaschinen seien, die nebenher - und auf dem Weg über das Rechnen - noch andere erstaunliche Dinge treiben wie etwa das Lenken von Mondraketen oder das Übersetzen von Maya-Texten.
Es ist gerade umgekehrt. Diese Elektronenrechner sind Geräte mit logischen Schaltungen, die eben deshalb - unter anderem - auch in der Lage sind, Rechnungen auszuführen. Weil alle Rechenaufgaben dieser Welt im Gefüge einer Struktur verlaufen, deren Regeln man genau kennt (denken Sie nur an das kleine Einmaleins!), ist es noch am wenigsten problematisch, die Computer mit Rechenaufgaben zu betrauen. Es kommt fast immer etwas Vernünftiges dabei heraus. Außerdem braucht unsere nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtete Welt immer neue Geräte, die gut und schnell und fehlerlos rechnen können. Aus diesem Grund kennt man die Computer in erster Linie als Rechenautomaten; die weitaus meisten werden auch nur auf Höchstleistungen im Gebiet der kaufmännischen Algebra dressiert.
Aber das müßte gar nicht so sein. Wäre die Menschheit kein Verein zur gegenseitigen Ausnutzung und - beispielsweise - mehr an Philosophie interessiert als an der Mehrwertsteuer, so würden vermutlich weit mehr elektronische Philosophen als Rechenautomaten herumstehen.
Lassen Sie uns zurückkehren auf den Boden der Tatsachen! Die Computer sind aus logischen Schaltungen aufgebaut, sagten wir. Nur zwei davon wollen wir Ihnen hier vorführen: Die Und-Schaltung und die Oder-Schaltung.
Beide kommen im täglichen Leben ständig vor. Wenn das Kraftwerk Strom liefert und wenn Sie den Schalter drehen und wenn die Birne noch heil ist - dann brennt das Licht. Das ist eine Und-Schaltung des Alltags. Sämtliche Bedingungen müssen erfüllt sein - dann klappt's. Fehlt nur eine, so scheitert das Vorhaben.
Man kann die Und-Schaltung als einen elektrischen Draht mit eingebauten Schaltern darstellen:

Kybernetik - Und-Schaltung

Strom fließt nur, wenn alle Schalter - eins und zwei und drei - auf "ein" stehen. Es ist übrigens nirgends vorgeschrieben, wie viele Schalter, wie viele Elemente eine Und-Schaltung haben muss. Das können zwei oder drei oder 657 sein.
Die Zeichner von elektronischen Schaltbildern stellen eine Und-Schaltung so dar:

Kybernetik - Und-Schaltung

Wie steht es mit der Oder-Schaltung? Wieder ein Beispiel aus dem Alltag: Der Briefträger, Tante Martha und der Gerichtsvollzieher läuten im Lauf eines Tages an der Türklingel. Wer auch immer den Knopf drückt, der oder die oder der - es läutet. Es läutet auch, wenn mal zwei zufällig zusammen auf die Klingel drücken (vielleicht der Briefträger unten an der Haustür, während Tante Martha schon bis zur Wohnungstür vorgedrungen ist).
Mit unserem Draht und den Schaltern würde eine Oder-Schaltung so aussehen:

Kybernetik - Oder-Schaltung

Und die Elektroniker stellen sie folgendermaßen dar:

Kybernetik - Oder-Schaltung

Aus diesen beiden Grundschaltungen und noch ein, zwei anderen lassen sich Maschinen bauen, die in Sekundenbruchteilen dreißigstellige Zahlen miteinander multiplizieren, durcheinander dividieren oder sonst etwas anstellen (und wir haben das hier zu erklären versucht). Es lassen sich mit den logischen Schaltangen aber auch kleine elektronische Geräte bauen, die einen Lernvorgang vollziehen und das Verhalten von Pawlows armem Hund simulieren.
Sehen Sie: Schon sind wir wieder auf den Hund gekommen.

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